Kaum ein Mittel in der ästhetischen Medizin ist so bekannt wie Botox. Das Wort ist geradezu ein Synonym für die Kunst, Falten verschwinden zu lassen und Menschen jünger und frischer aussehen zu lassen. Doch Botulinumtoxin, wie der Wirkstoff genau heißt, wurde natürlich nicht in erster Linie für die Schönheitsmedizin erschaffen, vielmehr ist dieses Anwendungsgebiet ein kleiner, aber bedeutender Nebeneffekt, über den wir uns natürlich alle freuen. Doch Botox kann viel mehr:
Zu Beginn seines Siegeszuges, also Ende der Siebzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts, half es Menschen mit Schiefhals und Spastiken. Die Wirkweise blieb seitdem immer gleich: Die Nervenenden nehmen den Wirkstoff auf und lähmen den daranhängenden Muskel: Dieser bleibt nach der Botox-Spritze mindestens drei Monate lang entspannt – wer kann das schon von sich behaupten?! Auf diese Weise hilft Botox also auch bei Gesichtsverkrampfungen, krampfhaftem Augenzwinkern oder einer Armspastik nach einem Schlaganfall. Es wird bei Nervenschmerzen, Muskelkrämpfen und auch bei Blasenschwäche angewendet. Auch für die Behandlung von Migräne wird Botulinumtoxin angewendet, denn auch hier verspricht eine Botox-Injektion Hilfe, da sie die Muskeln entspannt. Man kann also durchaus von einem Wundermittel sprechen, dessen Vielseitigkeit immer wieder überrascht.
Und was hat das nun alles mit der Dermatologie zu tun?
Mehr als Sie vielleicht denken, denn ein weiteres Einsatzgebiet ist die Hyperhidrose, das übermäßige Schwitzen. Von Hyperhidrose betroffene Menschen wissen, dass das kein Sommerphänomen ist, sondern eine Ganzjahresangelegenheit, die man mit einer gutdosierten Botox-Spritze sehr angenehm gestalten kann: Botulinumtoxin, in der Fachsprache auch Neuromodulator genannt, hemmt nämlich die Reizübertragung zu den Schweißdrüsen – und verschafft dem Patienten so bis zu einem Jahr trockene Achseln. Wer unter klinischer Hyperhidrose leidet, weiß, dass dies ganz fantastische Aussichten sind. Und wenn es sich tatsächlich um krankhaftes, permanentes Schwitzen handelt, übernehmen die Krankenkassen die Kosten. Hyperhidrose kann die Lebensqualität beeinträchtigen, indem sie Unbehagen, Ängste und Einschränkungen bei den täglichen Aktivitäten verursacht. Sie kann durch genetische Faktoren verursacht werden oder eine Folge anderer medizinischer Grunderkrankungen sein, wie z. B. Fettleibigkeit, Schilddrüsenüberfunktion oder Diabetes. Auch die Wechseljahre können zu Hyperhidrose führen. Sollten Sie sich hier erkennen, sprechen Sie den Hautarzt oder die Hautärztin Ihres Vertrauens an: Dort wird man mit Ihnen sowohl über die Behandlungsmöglichkeit als auch über die Kosten sprechen und über andere Behandlungsmöglichkeiten von Hyperhidrose.
Bevor es jetzt aber zu medizinisch wird, hier ein paar Infos zu Botox, mit denen Sie sicher beim nächsten Smalltalk oder Pub-Quiz ganz groß herauskommen: Botulinumtoxin ist der giftigste Stoff, den die Natur produziert. Es entsteht tatsächlich beim Verwesungsprozess, wird für die Behandlung von Krankheiten aller Art jedoch pharmazeutisch verarbeitet und um ein Vielfaches verdünnt: Häufig ist nicht mal ein Milliardstel-Gramm in einer kleinen Dosis zu finden. Dass Botox inzwischen ganz selbstverständlich für die verschiedensten medizinischen und ästhetischen Zwecke eingesetzt werden kann, zeigt einmal mehr die Bedeutung der medizinischen Forschung. Und wir sehen auch, dass – ganz gleich, für welchen Zweck Botox angewendet wird – es ein Facharzt oder eine Fachärztin sein sollte, die Ihnen die Spritze setzt. Ist einfach besser.
Ihre
Daniela Uribe Holmgren
Dermatologin mit eigener Praxis in Fuldas Innenstadt und am MVZ im Klinikum Fulda.