Inkontinenz? Wie bitte? Nicht gerade Ihr Lieblingsthema, nehme ich an. Doch wir sollten drüber sprechen – nicht zuletzt erinnert der Weltinkontinenztag am 30 Juni daran. Aber was hat das denn jetzt mit Dermatologie zu tun, werden Sie sich vielleicht fragen. Ich verrate es Ihnen: Erstens sind wir Fachärzte in erster Linie Mediziner und interessieren uns für viele medizinische Bereiche. Zumal wir ja wissen, dass es fast nie irgendeine Erkrankung gibt, die sich nur in einem Fachgebiet abspielt. Zum anderen ist es einfach so, dass ich erstens aufgrund der Art und Weise, wie ich untersuche, beispielsweise bei einem Hautscreening, mehr sehe, als ich vielleicht sehen soll. Dann merke ich, dass es Menschen peinlich ist, über Inkontinenz zu sprechen. Sogar dann, wenn sie zu einem dermatologischen Problem wird. Aber, hey, ich bin Ihre Ärztin. Mit mir kann man über so etwas sprechen.
Denn als dreifache Mutter ist mir das Problem natürlich nicht ganz fremd – ich erinnere mich noch genau, wie es war, wenn ich bei beispielsweise bei körperlichen Anstrengungen unsicher wurde, das etwas passieren könnte. Aus diesem Grund habe ich mich auch als Ärztin damit befasst und mir angeschaut, was man gegen Inkontinenz und für ein besseres Körpergefühl tun kann.
Daher gibt es von mir auch keine Tipps, wie man mit Inkontinent besser im Alltag zurechtkommt, sondern ich möchte die gesundheitlichen Themen in den Fokus nehmen. Zunächst ist die richtige Hautpflege bei Inkontinenz von großer Bedeutung. Harn und Stuhl greifen die Haut stark an: Entzündungen, Ausschlag und Dermatitis können die Folge sein, wenn Harnstoff und Ammoniak, die Hauptbestandteile von Urin, den natürlichen Säureschutzmantel der Haut erheblich angreifen. Oftmals erschweren altersbedingte Hautveränderungen die Situation. Daher sollte man – neben einer regelmäßigen Hygiene – eine hochwertige Hautschutzcreme anwenden. Diese helfen der Haut im Intimbereich, sich zu regenerieren. Namhafte Hersteller von Inkontinenzartikeln bieten ganz besondere Cremes an, die auch die ältere Haut gut in den Blick nehmen. Transparente, wasserabweisende Cremes mit einer Barriere gegen Reizstoffe schützen die Haut und können ersten Anzeichen von Rötungen und Reizungen vorbeugen. Wichtig ist, die Haut regelmäßig einzucremen, um ihr den größtmöglichen Schutz zukommen zu lassen.
Mein Anliegen in Bezug auf Inkontinenz geht allerdings weiter: Ich möchten den Menschen helfen, wieder frei von Beschwerden zu leben, den Alltag zu genießen und ohne große Planungen unterwegs zu sein.
Von großer Bedeutung für eine Verbesserung der Situation ist ein gesunder Beckenboden: Regelmäßiges Beckenbodentraining, am besten in einer Gruppe und täglich zuhause, ist unabdingbar für eine Genesung von Harn- oder Stuhlinkontinenz. Ein intakter Beckenboden stützt die Bauch- und Beckenorgane nach unten hin ab. Angespannt sorgt er dafür, dass die Öffnungen am After, an der Harnröhre und an der Scheide verschlossen bleiben und nichts ungewollt austritt. Sicher kennen Sie es, dass es beim Tragen einer schweren Last oder bei kräftigem Husten nicht immer leicht ist, das Wasser zu halten. Der Grund dafür ist der stärkere Druck, dem der Beckenboden dann ausgesetzt ist. Andererseits muss der Beckenboden sich auch entspannen können, etwa beim Wasserlassen oder auch beim Geschlechtsverkehr. Es sind also viele Funktionen notwendig, die man erhalten oder zurückgewinnen kann.
Die Medizin bietet inzwischen auch technische Hilfsmittel an, um den Beckenboden wieder in Schwung zu bringen. So gibt es beispielsweise ein Gerät zur Behandlung von Harninkontinenz und zur Verbesserung der Gesundheit der Beckenbodenmuskulatur. Es arbeitet mit elektromagnetischen Wellen, um unwillkürliche Muskelkontraktionen in der Beckenbodenmuskulatur zu stimulieren, was diese Muskeln stärkt und hilft, die Symptome von Harn- und Stuhlinkontinenz zu reduzieren, bei Blasenschwäche und Störungen der sexuellen Aktivität zu helfen. Man kann damit also ein großes Plus an Lebensqualität gewinnen. Das Gerät sensibilisiert Menschen dafür, wo diese Muskeln überhaupt sitzen, sodass sie perspektivisch auch selbst, in der Physiotherapie oder in Kursen wie Pilates trainiert werden können.
Sie sehen: Inkontinenz muss kein zwangsläufiger Begleiter sein – wenn man sich ein Herz fasst und mit dem Arzt oder der Ärztin des Vertrauens darüber spricht. Mein Rat: Tun Sie’s einfach.
Ihre
Daniela Uribe Holmgren