Haut und Herz gehören zusammen
Die Haut ist der Spiegel unserer Seele – wir kennen diesen Ausspruch: Er ist alt, aber wahr. Jede und jeder von uns hat es sicher schon erlebt, dass wir einfach schlecht aussehen, wenn wir uns schlecht fühlen: Fahle Haut, Augenringe, rote Flecke – unsere Haut meldet genau, wenn etwas mit uns nicht stimmig ist, manchmal noch, bevor wir es selbst merken.
So kommt der Haut eine doppelte und manchmal gar nicht so einfach zu vereinbarende Bedeutung zu: Sie ist unsere Schutzhülle und sie lässt uns in guten Zeiten strahlen. Doch auch schlechte Zeiten sieht man ihr an. Und nicht nur das: Es gibt verschiedene dermatologische Krankheitsbilder, die nicht nur äußere oder klassische medizinische Ursachen haben, sondern die stets auch eine seelische Komponente mitbringen, die wir – Patienten und Ärzte – berücksichtigen müssen.
Psoriasis: Der innere Druck wird sichtbar
Schuppenflechte, medizinisch Psoriasis, ist nicht nur ein ästhetisches Problem. Die juckenden, schuppenden Plaques schmerzen, aber oft wiegt der seelische Druck schwerer: Stress, familiäre Belastungen oder Arbeitsplatzängste können Krankheitsschübe auslösen und verschlimmern – und der Leidensdruck wächst, wenn Kollegen oder Bekannte mit Unverständnis oder Zurückhaltung reagieren. Studien zeigen, dass knapp 30 Prozent der Menschen mit Hauterkrankungen auch seelisch erkranken – bei Depressionen ist der Anteil an Menschen mit Hauterkrankungen doppelt so hoch wie an gesunden Menschen. Da liegt es auf der Hand, dass man mit den Symptomen zwar gut bei der Dermatologin aufgehoben ist, dass man aber auch sich selbst und sein Inneres gut anschauen muss – vielleicht auch mit professioneller Hilfe.
Neurodermitis: Wenn Juckreiz und Angst den Schlaf rauben
Auch Neurodermitis, eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung, zeigt das komplexe Zusammenspiel von Haut und Psyche. Das ständige Jucken, aufgekratzte Stellen und die sichtbaren Ekzeme rauben nicht nur Ruhe und Schlaf, sondern führen Betroffene – ob Kinder oder Erwachsene – oft in die Isolation aus Angst vor Ausgrenzung. Soziale Zurückhaltung und Schamgefühle sind häufige Folgen, das Selbstwertgefühl leidet. Hier können wir Dermatologen gemeinsam mit den Patienten Abhilfe schaffen und für ein besseres Haut- und Selbstwertgefühl sorgen.
Akne-Narben: Stigma, das im Gesicht steht
Akne gilt noch immer als kosmetisches Hautproblem, das oft in der Pubertät auftaucht und dann wieder verschwindet. Doch auch im Erwachsenenalter können Menschen unter Akne leiden. Auch Narben, die sich aufgrund von Akne gebildet haben, sind sichtbare Zeichen, die den Menschen anhaltend Probleme bereiten: Eine aktuelle Studie belegt, dass Betroffene mit schwerer Akne in Beruf und Freundeskreis deutlich mehr Stigmatisierung erleben als Menschen mit makelloser Haut. Dies ist sicherlich eine Folge unserer clean gefilterten Social-Media-Welt, die keinen Makel verzeiht. Wir wissen alle, dass Makellosigkeit eine Illusion ist, doch für die Betroffenen können sichtbare Narben im Gesicht in schweren Fällen dazu führen, dass sie sich selbst weniger wertschätzen und soziale Kontakte vermeiden. Auch hier gilt: Narben und Psyche von Fachleuten behandeln lassen!
Vitiligo: Zwischen Unkenntnis und Ausgrenzung
Die Weißfleckenkrankheit Vitiligo ist medizinisch harmlos – doch psychisch kann sie zutiefst verletzen. „Ist das ansteckend?“, werden Betroffene oft gefragt; bestenfalls werden sie unverhohlen angestarrt. Viele Menschen mit Vitiligo erleben immer wieder Stigmatisierung sowohl im Alltag als auch im Beruf, beispielsweise bei Bewerbungen. Viele Menschen mit Vitiligo berichten von Depressionen, viele versuchen, die Flecken zu verstecken oder ziehen sich sozial zurück. Umso wichtiger sind die Botschaften, die von Models wie Winnie Harlow ausgehen: Sie zeigt sich und ihre weißen Flecken und plädiert für eine größere Offenheit für sichtbare Vielfalt.
Das große Unwissen in der Gesellschaft verstärkt die seelischen Belastungen. Doch es gibt Wege aus dem Teufelskreis:
Wer mit einer chronischen Hauterkrankung lebt, braucht mehr als Salben und Cremes. Aufklärung, professionelle Haut- und psychologische Betreuung sowie soziale Unterstützung sind unabdingbar. Jeder dritte Hautkranke leidet auch psychisch – kein Wunder bei so viel Unsicherheit und Vorurteilen. Aber: Über Aufklärung, Akzeptanz und Empathie, Selbsthilfegruppen und psychosomatische Therapie lässt sich der Kreislauf von Scham, Stress und Krankheit durchbrechen. Und daran können wir einfach alle mitwirken.
Ihre
Daniela Uribe Holmgren
Dermatologin mit eigener Praxis in Fuldas Innenstadt
